Gestern vor 7 Jahren habe ich mir einen wahren Kindheitstraum erfüllt. Mein größtes Vorbild im Leben ist nach wie vor mein geliebter Vater Karl. Seit ich mich erinnern kann, standen immer einige wenige ausgwählte Pokale aus seiner aktiven Zeit als Mittelstreckler im Schlafzimmer meiner Eltern in der heimischen Josefstadt. Ab dem Zeitpunkt, wo ich von seinen eigenen Staatsmeistertiteln über 800m erfuhr und seinen Erzählungen lauschte, wollte ich in die zu dem damaligen Zeitpunkt großen Fußstapfen treten und eines Tages mich selbst Staatsmeister nennen dürfen.
Gestern vor 7 Jahren habe ich mir meinen langezeit größten sportlichen Traum mit dem Gewinn meiner ersten Staatsmeisterschaft über 3.000m Hindernis erfüllt. Ich erinnere mich wie wenn es gestern war an das Rennen. An meine überragenden Beine wenige Tage nach dem zur Hälfte mit nur einem Schuh gelaufenen Rennen in Regensburg. An meine Attacke 3 Hindergräben vor Schluss. Die letzte Runde, den letzten Wassergraben, das letzte Hindernis. Die unglaubliche Freude der Gewissheit wenige Meter danach und das Überqueren der Ziellinie samt erstem Gratulanten Ali, dem ich mich im Freudentaumel um den Hals geworfen habe. Gleichzeitig aber auch, dass Papa an diesem Tag nicht vor Ort sein konnte und mir das bis heute ein kleines bisschen weh tut, weil ich diesen Moment so unfassbar gerne mit ihm geteilt hätte… nichtsdestotrotz hoffe ich inständig, all die intensiven Gefühle während und nach dem Rennen nie ganz aus meiner Erinnerung zu verlieren und für immer mit mir zu tragen.
An jenem gestrigen Tag vor 7 Jahren habe ich den zwischenzeitlichen Höhepunkt meiner „Karriere“ erreicht. Gleichzeitig war es auch sowas wie der sportliche Wendepunkt. Es sollten noch etliche Titel, Nationalteam-Einsätze – aber eben auch große Enttäuschungen, viele Verletzungspausen etc. hinzukommen.
Bei all der Freude über den Titel und das zwischenzeitliche Ende eines Weges, der gut 10 Jahre früher begonnen hatte, als ich mich erstmals als Läufer und wenig später als Hindernisläufer versucht habe, habe ich auch vieles verloren. In erster Linie meine Lockerheit, meine große intrinsische Freude an diesem Sport, der einen am Ende doch viel mehr prägt und ungleich viel mehr gibt, als er tatsächlich mit Entbehrungen, Niederlagen und Enttäuschungen jemals nehmen könnte.
Eine der größten Enttäuschungen der jüngeren Vergangenheit für mich war, als ich es 2019 erstmals seit 14 Jahren (!) nicht geschafft habe, meinen Körper soweit zu bringen, über meine geliebten Hindernisse zu laufen. Und auch 2020 wird es wohl keine Wassergrabenüberquerung für mich geben…
Vielleicht aber gerade deshalb erinnere ich mich so gerne an den gestrigen Tag vor 7 Jahren zurück. In unserem schnelllebigen Alltag mit all der Hektik des 21. Jahrhunderts und aufgrund der Charakteristik des Leistungssports sehen wir meiner Meinung nach viel zu oft nur das Hier und Jetzt und vergessen, wer wir sind, wo wir herkommen und warum wir einst – im sportlichen Sinne – mit unserer Leidenschaft begonnen haben. Und genau in diesen Phasen, tut es gut sich zu erinnern, dass am Ende des Tages nicht immer das Ergebnis zählt, sondern vor allem der Weg dort hin – und wie wir ihn weiter verfolgt haben.
Für alle Nostalgiker gibt es hier noch das ORF-Video zum Rennen: https://www.youtube.com/watch?v=ANGfEk3fuO4