Ausschlafen, Frühstück, Ausruhen, TRAINING, Mittagessen, Schlafen, TRAINING, Abendessen, Ausruhen, Schlafen. Das ganze läuft dann in meinem Fall gute drei Wochen genau so ab.
Klarerweise vertreibt man sich die Zeit am Tag auch durch andere Aktivitäten. Spaziergänge, Slacklinen, Kaffeetrinken, Thermenbesuch oder Fernsehen. Vor allem Letzteres stellt am Trainingslager die Hauptbeschäftigung neben Training, Essen und Schlafen dar. Und wie könnte es anders sein, auch dabei wiederholt sich mehr oder minder alles mindestens zwei Mal. Schaut man bspw. trotz aller Dopingwirren sich gerne mal die Tour de France Etappe live am Nachmittag an, so kann man sich die Etappe dann in der Wiederholung am gleichen Abend sowie am nächsten Tag zwischen Frühstück und Vormittagstraining erneut zu Gemüte führen 😉
Dem objektiven Beobachter mag ein solcher Alltag trist und überhaupt nicht abwechlungsreich vorkommen. Ich würde dem sogar zustimmen! Zum Einen, weil kaum einer sich die Freuden eines erfolgreichen Trainings als Laie vorstellen kann, zum anderen aber vor allem aufgrund der „kleinen Geschenke“, die jeder einzelne Tag eines Trainingslagers mit sich bringt.
Spätestens seit meiner zuletzt abgelegten Prüfung mit dem Thema „Kommunikation im Sport“ weiß ich, dass der Mensch generell ein sehr kommunikatives und mitteilungsbedürftiges Wesen ist. Der eine Mensch ist dabei eher introvertiert, der andere stark extrovertiert.
Zur Zeit leben wir zu dritt in unserem Appartment hier in der Höhe – und wie im „normalen Leben“ auch, sind einige von uns introvertierte, andere wiederum extrovertierter.
Wobei extroviert im Falle des sportlichen Leiters eines vor kurzem gegründeten Wiener Vereins nicht ganz der Beschreibung des Duden entspricht. Die frei nach Hartz-4-TV zensierte Person, nennen wir sie einmal Harry P., zeichnet sich bisweilen nämlich eher als allwissend, permanent mitteilungsbedürftig und vor allem nach Aufmerksamkeit lächzend aus.
Dass Steindi und ich von unserem weisen (oder aufgrund der zahlreich konsumierten Betakarotin-Kapseln eher braunen) Hausmieter ob seines fortgeschrittenen Alters sowie seinen zahlreichen Lebenserfahrungen noch viel lernen können, liegt durch die Kombination allwissend, extrem extrovertiert und mitteilungsbedürftig natürlich auf der Hand!
Dieser Blogeintrag ist ohnehin schon viel länger als geplant, dennoch sollen nun exemplarisch etliche Lebensweisheiten zum besten gegeben werden. In erster Linie hat sich mein „Fachvokabular des Lebens“ enorm erweitert. Der gemeine Wiener geht im Ausland schließlich nicht Fischen, sondern „stellt sich in Inn eine und geht räubern!“ Denn die Forellen, die da mindestens 25cm haben, kann man als echter Räuber „afoch rausklatschen“ – oder so ähnlich.
Mir als Hobbyschiedsrichter und in meiner Funktion als passiver Fußballkonsument echten Fußballexperten und natürlich auch Teamchef wurde auch erst durch Dirty Harry bewusst, dass Fußballer keineswegs Zweikämpfen, sondern im besten Fall „miteinonder rumbuddern“, und im Falle eines Handgemängels „zum Schmusen beginnen“ – wie auch die jungen Kenianerinnen beim 3000m Finale bei der U18-WM in Lille… Am meisten erfuhr ich bislang aber bei der Besprechung der „Innenansicht“ der Wohnung unseres Mister Bean. Asseln, Fledermäuse oder gar Termiten haben offensichtlich viel mehr drauf, als bisher gelernt und angenommen. Oder gar in Trainingsplanung, -durchführung und -dokumentation…
Aber lassen wir dass alles jetzt doch mal so stehen, zudem es wohl eh alles in die Rubrik Situations-„Komik“ fällt, wenngleich mir selten auf Grund der Witze zum Lachen zu Mute ist. Dennoch wollte ich Euch allen mal einen kurzen ersten Einblick geben, wie der Alltag hier in St. Moritz aussieht und unter welch schwierigen Gegebenheiten Steindi und ich regenerieren müssen.
In diesem Sinne, brav Hüttenkäse mit Himbeeren mittagessen, Betakarotin-Kapseln naschen, mit Eurem Singlet und Straßenwettkampfschuhen im Regen joggen und anschließend mit den Afrikanern fachsimpeln gehen 😉
Grüzi, Christoph